… erwies sich damit ebenfalls als reines Sagengespinst. Aber all die Jahre des Reisens und Forschens waren zuletzt dann doch nicht vergebens. Wir haben nur immer an den falschen Orten gesucht! Das rätselhafte Verschwinden Frostbarts in der Arsali hat zwar sicherlich nie stattgefunden, aber er und seine Getreuen starben auch nicht einfach in einer obskuren letzten Schlacht oder wurden von einem grausigen Sturm mitsamt ihren Schätzen auf den Grund des Nebelmeers geschickt. Die ganzen Geschichten vom Exodus in die eisigen Ebenen und von einem verborgenen Grabmal irgendwo in der Arsali sind vielmehr – und davon bin ich nun überzeugt – ein absichtlich gelegtes Geflecht aus Lügen und Halbwahrheiten, mit dem die Eispiraten damals ihre wahre Spur verwischt haben!
Statt damals – je nach Version todkrank oder von übermächtigen Feinden gehetzt – mit ihren Schätzen in den Weiten der Arsali zu verschwinden, zogen Frostbarts Mannen vielmehr erst zu einem ihrer Verstecke am Amswardsee. Von dort aus fuhren sie wahrscheinlich in einer Gruppe kleinerer Boote den mächtigen Ælvagger immer weiter stromaufwärts, bis sie tief im Nifelend mit Mitgliedern von Frostbarts alter Sippe zusammentrafen. Vergiss nicht, wie so mancher Eispirat wurde auch er als Thraskite geboren! Ich denke, dass diese Gruppen sich dann verbanden und gemeinsam den abenteuerlichsten Teil der Reise antraten: ein Zug weit gen Süden in den entlegensten Winkel von Vigiristan. Wir wissen, dass Frostbarts 1. Maat wohl aus einem der dortigen Nomadenvölker entstammte, und in manchen Quellen wird dieser auch als sein Schwager bezeichnet, so dass es noch weitere Familienbande in dieser Region gegeben haben mag. Jedenfalls zog dann dieser Trupp aus Eispiraten und Thraskiten quer durch das waldige Hochland des Valgrind, bis er den Oberlauf des Nighares erreichte. Dort lag aber immer noch nicht ihr Endziel. An dieses gelangten sie erst, als sie einem noch weiter südlich gelegenen Fluss, dessen Namen ich leider nicht kenne, bis zu einer waldigen Gegend flussaufwärts folgten. In einem Dialekt der Nomaden, die diese Wälder wohl mit abergläubischer Furcht meiden, trägt dieser Flecken wohl die Bezeichnung ›Eisenwald‹. Warum nun, wirst du mit Recht fragen, trieb es Frostbart und die seinen mit solcher Macht dorthin? Weil er dort einen einzigartigen Schatz vermutete und mit diesem sein Vermächtnis begründen wollte! Denn an diesem vergessenen und überwucherten Flussufer, dessen bin ich mir gewiss, da fand Frostbart nicht weniger als die Überreste einer Basis der uralten Streitmacht, mit der das ferne Imperium dereinst in den Norden vordrang – einer Flottenbasis, wie ich vermute! Natürlich wird Frostbart längst tot und begraben sein, aber ich halte es wahrhaft für möglich, dass seine Erben dort gesiedelt haben und nun mit ihren fantastischen Schiffen voll imperialen Geheimwissens der Küste immer weiter gen Süden folgen, um so vielleicht sogar zu den sagenhaften Inseln der imperialen Sklaven zu gelangen …
Rubart Grenessen, Runengelehrter aus Nidbaerg, in einem Brief an seinen Halbbruder in Svinsager
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