Die Fragmente

Malmsturm – Die Fragmente: Der Axtwald – die Tempelschule der Choár

Schriften des Imperiums

F2597b:…als unsere kleine Expedition aber den berechneten Ort des präkataklysmischen Einschlags erreichte, da fanden wir das Astroblem nicht nur aufgefüllt mit Eis, sondern in dessen Zentrum auch ein bizarres kristallines Konstrukt, das von aggressiven Eingeborenen abgeschirmt wurde. Ich empfehle daher zur weiteren Erkundung…

Ulach Ghavem, Sammlung von Textfragmenten zur Geschichte des Ersten Imperiums [Indiziert]

 

Nur einige wenige weitgereiste oder gelehrte Anwohner des Nebelmeers kennen mehr als den bloßen Namen der Choár Uum, der sogenannten Axtmeister. Selbst bloße Geschichten über dieses nördlichste aller menschlichen Völker sind dünn gesät und gelten dann auch noch meist als  notorisch unzuverlässig. Forscht man aber gründlicher nach, so finden sich hier und da Reste sehr alter Schriften, in denen gelegentlich von Reisen hinauf in die eisige Heimat dieses kriegerischen Volkes berichtet wird. Besonders auffällig ist dabei dann die immer wieder erwähnte Existenz eines ebenso entlegenen wie geheimen Ortes namens Choar Kogg, was soviel wie „Axtwald“ bedeuten soll. Tatsächlich gibt es diesen „Wald“ tief im einsamen Nordwesten der Welt wirklich. In einem flachen, mit Schnee und Eis gefüllten kreisrunden Tal erhebt sich ein strahlend helles Gebilde, welches vom höher gelegenen Rand des Tals aus den Eindruck eines wuchernden Bündels großer Bergkristalle erweckt. Von nahem betrachtet, wird aber rasch klar, dass dort kein Bergkristall, sondern baumhohe Obelisken aus blauweißem Eis gen Himmel ragen. Diese bilden ein weitverzweigtes Labyrinth, in dem an vielen Stellen selbst Schneefall und Sturmwind nicht durch die seltsamen Wände und Dächer dringen können, welche dort durch scheinbar willkürlich geneigte und verkeilte Eissäulen gebildet werden. Reisende aus wärmeren Gefilden haben diesen wundersamen Ort seit vielen Generationen nicht mehr erblickt oder gar betreten, aber für das kriegerische Volk der Choár ist dies seit Jahrtausenden eine heilige Stätte, die jeder von ihnen wenigstens einmal im Leben besucht haben sollte. Jeder Besucher vergießt dann einen Becher seines eigenen Blutes unmittelbar vor den äußeren Obelisken, so dass der Axtwald heutzutage von einem Ring aus schwarzrotem Eis eingefasst wird.

 

Stimmen aus dem Norden

„He, lacht nur! Ich drehe jedenfalls hier um. Ich wurde vor Jahren mal Zeuge wie ein Trupp der Choár oben auf den Gletschern gegen eine Horde bewaffneter Monster kämpfte. Was ich damals zwei dieser Krieger vollbringen sah, wird mir nie jemand glauben – aber ich müsste verrückt sein, würde ich selbst mich selbst mit doppelt so vielen Männern jemals wieder in das Gebiet dieses Stammes wagen…“

Lemkar Rotwolf, alter Pelzjäger aus Nhastrand

 

 

Weit wichtiger als die bloßen Besucher sind aber diejenigen unter den Choár, welche es wagen, den Axtwald zu betreten. Denn damit geben sie ihr Schicksal für die folgenden fünf Winter ganz in die Obhut und Befehlsgewalt der Axtweisen, der Choár Mym: einer auserwählten Gruppe von gelehrten Kriegern, die an dieser heiligen Stätte die Traditionen und insbesondere die Kriegskunst ihres Volkes bewahren und weitergeben. Wer sich ihnen als Schüler unterwirft, den erwartet eine Zeit voller geistiger und körperlicher Zucht, an der viele schon zugrunde gehen noch bevor sie überhaupt für würdig befunden werden, auch nur eine der alten Weisheiten der Choár Mym zu erlernen. Ja, selbst diejenigen, welche nach fünf Wintern den Axtwald mit einem kristallklar geschliffenen Geist und einem durch die Kampfkunst gestählten Körper verlassen, haben damit gerade einmal das Recht erworben, sich wirklich als Choár Uum, als Axtmeister zu bezeichnen. Denn auch wenn Fremde dies für den Namen des gesamten Volkes halten – und die Choár keinen Grund sehen, diesen Irrtum zu bereinigen – so ist Choár Uum doch für die Choár untereinander ein hochgeachteter Ehrentitel, dessen fälschliche Anmaßung stets mit dem langsamen Hungertod bestraft wird, wie er sonst nur denen widerfährt, die unfähig zur Jagd und zu feige für den Freitod sind. „Choár“ bedeutet in der Sprache ihres Volkes genaugenommen auch gleichermaßen „Axt“ und „Krieger/Mensch“, da nach den Lehren der Choár Mym ein wahrer Mensch auch ein ein Krieger ist, ein wahrer Krieger aber letztlich eine lebende Einheit mit seiner Axt bilden muss! Diese Weisheit steht in tausendfachen Kopien auf allen äußeren Eissäulen des Axtwaldes: „Choár en Choár en Choár“ – Ein Mensch/Krieger/Axt ist ein Mensch/Krieger/Axt ist ein Mensch/Krieger/Axt“. Doch auch wenn ein ausgebildeter Choár Uum ebenso Gelehrter wie Krieger ist und auf dem Schlachtfeld gewiss ein Dutzend erfahrener Kämpfer aus dem Süden niedermähen kann wie Vieh, so wissen die Choár nur zu gut, dass ihr Volk in seinem ewigen Kampf mit den monströsen Qôroq Qôl ohne diese Axtmeister chancenlos wäre – und selbst mit ihnen auch nach Jahrhunderten noch keinen endgültigen Sieg erringen konnte. Von Zeit zu Zeit verlangen daher manche, dass auch die Choár Mym mit in den Krieg ziehen sollen, aber deren eigene Traditionen verbieten ihnen den Weg in die Welt außerhalb des Axtwaldes bei Strafe von Tod oder Verbannung. Nur gegen Ende ihres oft langen Lebens ziehen manche der Axtweisen in den Kampf gegen die Qôr – und viele Lieder erzählen dann den folgenden Generationen von dem ungeheuren Gemetzel unter ihren Erzfeinden und den übermenschlichen Taten der Choár Mym, die stets bis zum eigenen Untergang kämpfen. Nur einer von hundert vollendeten Choár Uum wird der weiteren Ausbildung zum Choár Mym für würdig befunden – eine Ausbildung, die nach dem Glauben der Choár erst im Tod endet. Dennoch gibt es selbst unter diesem ehrbaren Volk Geschichten von jungen Kriegern, die versucht haben, unerlaubt in den Axtwald einzudringen, um dort die Runen mit den Geheimnissen der Kriegskunst von den inneren Eissäulen zu stehlen. Fast immer endet dies tragisch, weil es dem Dieb an Klugheit und Stärke mangelt, um die Geheimnisse der Eisrunen auch umzusetzen, aber manchmal erweist sich der junge Krieger dann doch noch als würdig und wird in den Axtwald aufgenommen. Nur eine der alten Sagen berichtet von einem fremden Jäger, ein namenloser dunkler Mann aus dem Süden, den die Axtweisen bereitwillig aufnahmen und unterrichteten, ja, der sogar zu einem der ihren ausgebildet werden sollte, der dann aber eines morgens verschwunden war und nur einen Satz unbekannter Zeichen auf einer der Eissäulen zurücklies – Zeichen, die dort angeblich noch heute stehen und die bis heute niemand entziffern konnte…

 

Mögliche Aspekte:

  • Das Haus des Krieges
  • Geheimnisse im Eis
  • Waffen aus Fleisch und Blut

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