Redensarten des Imperiums
Er hat das Beyul gefunden.
Obskure imperiale Redensart für jemanden, der sich durch blindes Verlangen nach etwas ins Unglück gestürzt hat.
Scheinbar schon immer wimmelte es in allen Regionen des Imperiums nur so von wilden Gerüchten, urbanen Legenden, unterhaltsamen Lügen, übler Nachrede, merkwürdigen Anekdoten unklaren Ursprungs und schlichtem Rufmord. Doch kaum eine der unzähligen so durch das Imperium wandernden Geschichten erfreut sich einer derart weiten Verbreitung oder gar eines so hohen Alters wie der vielschichtige Mythos, welcher sich um das sogenannte Beyul und die Vorgänge in selbigem entwickelt hat. Dieser Mythos umfasst inzwischen wohl wirklich tausende der unterschiedlichsten Erzählungen und Berichte, wobei es zu den Besonderheiten vieler dieser Überlieferungen gehört, dass sie oberflächlich gesehen gar nicht von ein und demselben Etablissement handeln! Das beginnt schon mit der höchst unklaren Natur dieses Hauses: mal ist die Rede nur von einer übel beleumundeten Taverne, mal von einer geheimen Drogenhöhle. In den meisten Fällen geht es jedoch um ein besonders exklusives Bordell oder Spielcasino, dessen genaue Lage nur über die richtige Mund-zu-Mund-Propaganda in Erfahrung gebracht werden kann.
Stimmen des Imperiums
„Ich habe nie wieder etwas getrunken, das der Hausmarke gleichkam, die sie in dem merkwürdigen Hurenhaus servierten, in dem wir damals diesen verrückten Barbaren an den Kerl mit den Augen verkauft haben. Aber bevor ich endgültig ins Gras beiße, werde ich diese riesige grüne Tür zu diesem verfluchten Laden wiederfinden… Wäre ich damals bloß nicht vorher schon so blau gewesen – und wüsste ich bloß, was aus den anderen geworden ist…“
Zheltan der wandernde Säufer, in einer Karawanserei in der Wüste von Horm
Noch größere Uneinigkeit als über die genaue Art des fraglichen Unternehmens besteht allerdings hinsichtlich der Frage nach seinem Namen. Obwohl in den entsprechenden Gerüchten recht häufig von dem Beyul gesprochen wird, ist dies dann doch nur in sehr wenigen Fällen auch der tatsächliche Name des Etablissements. Die wohl meist genannten Namen sind hingegen entweder Bezeichnungen kostbarer Mineralien und Edelsteine – wie „Topas“, „Roter Diamant“, „Opal“ und „Lapislazuli“ – oder ein Titel wie „Palast der 100 Türen“, „Haus der grünen Kissen“, „Halle der freundlichen Würfel“ und „Turm der stöhnenden Stufen“. Wie diese verschiedenen Bezeichnungen schon erraten lassen, gibt es auch keine einheitliche Beschreibung der äußeren Gestalt des Beyul – oft scheint es in Kellergewölben oder sogar Berghöhlen zu liegen, aber auch von prächtigen Schlössern und Türmen oder abrissreifen Ruinen hört man gelegentlich. Kommt die Sprache jedoch auf den inneren Aufbau, die Einrichtung, die Mitarbeiter und die tatsächlichen Angebote und Dienstleistungen dieses mysteriösen Geschäftes, so wird rasch deutlich, warum so viele glauben, dass all die verschiedenen Gerüchte und Legenden sich eigentlich immer auf dasselbe seltsame Etablissement beziehen. Besonders auffällig ist dabei stets der Aufbau des Hauptraums: einer kreisrunden Halle – manchmal von ein bis zwei erhöhten Galerien mit Tischen und Séparées für besondere Gäste umgeben – mit einer Art Amphitheater aus sieben oder neun absteigenden übergroßen Stufen, wobei etwa im Falle eines Spielcasinos jede dieser Stufen Tische mit Glücksspielen beherbergt, deren Risiken und Gewinnmöglichkeiten mit jeder Stufe abwärts enorm ansteigen. Im Falle eines Bordells führen hingegen auf jeder Stufe ringsum Türen zu Fluren und Zimmern, in denen immer ausgefallenere und abseitigere Vergnügungen auf die Kunden warten, während Drogenhöhlen und Tavernen auf den tieferen Stufen immer exotischere und kostspieligere Waren zum Konsum feilbieten.
Schriften des Imperiums
…all dies weist also auf ein uns unbekanntes Ritual hin, das möglicherweise eine Reihe ungewöhnlich mächtiger extradimensionaler Entitäten in einer Art ewiger immaterieller Stasis fixieren – quasi „gefangen setzen“ – sollte, welches aber in geradezu katastrophaler Weise fehlschlug. Das Ergebnis wäre dann nach unserer Theorie eine Art wandernde Raumzeitgeometrie, die eigenständig auf der primären Realität sitzt wie eine kleine Seifenblase auf einer größeren. Ob und wie diese gesteuert werden kann ist ebenso kritisch wie die Frage, ob die dort verorteten Wesenheiten in die primäre Realität wechseln können – wo sie laut Ythgandas Hypothese de facto unkontrollierbar wären – und wie umfassend ihre Einflussmöglichkeiten innerhalb ihrer Subrealität womöglich ist…
Theald Xynges, 294. Imperialer Erzmagister, Auszug aus „Das Rätsel von Athirats Versagen“ (Interne Forschungen, Bd. 7609)
Grundsätzlich scheint zu gelten, dass es im Beyul jeweils so ziemlich nichts gibt, was es nicht gibt – solange der Kunde bereit und fähig ist, den entsprechenden Preis zu zahlen! In vielen diesbezüglichen Anekdoten bedeutet dies nicht nur einfach, ein paar Kisten Gold für 900-jährigen mantoranischen Portwein, gelagert in einem Fass aus dhelyrischer Mondzypresse, zu zahlen, sondern es geht vielmehr um Transaktionen wie die Nacht mit einer halbstofflichen Daemonenhetäre gegen die Unschuld (nicht bloß die Jungfräulichkeit) der eigenen Tochter zu tauschen – oder auch schlicht um eine Art Roulette, bei dem die Einsätze in „Gehorsamkeit“ und „Gefallen“ und die Gewinne in „Gesundheit“ und „Jugend“ gezahlt werden. Spätestens hier wird klar, dass die Geschichten um das Beyul nicht nur von einem besonders exklusiven Hurenhaus handeln. Es geht vielmehr in allen entsprechenden Erzählungen um eine Einrichtung, die buchstäblich überall und jederzeit auftauchen und wieder verschwinden kann, und in der man ebenso buchstäblich seine Seele aufs Spiel setzen kann. Die Erklärung dafür ist nicht immer genau dieselbe, aber meist herrscht Übereinstimmung darin, dass das Beyul irgendwo entlang der Grenzen zwischen dieser Welt und den Welten der Daemonen „wandert“. Anders als die gemeinhin von den imperialen Daemonologen beschworenen und gebundenen Entitäten sind die diversen „Mitarbeiter“ des Beyul aber wohl nicht nur keinerlei Magier unterworfen, nein, sie scheinen auch nie Probleme mit irgendwelchen Daemonologen unter den Besuchern zu haben! Ob dies einer Art übernatürlichem Hausverbot, einer obskuren Hausordnung oder schlicht dem Respekt besagter Daemonologen zu verdanken ist, bleibt jedoch unklar. Dass im Beyul mehrheitlich daemonisches oder zumindest nicht-menschliches Personal arbeitet, gilt hingegen als sicher. Gewisse Mitglieder dieses Personals werden sogar in nahezu allen Geschichten über dieses legendäre Haus erwähnt, wenn auch in ständig wechselnden Positionen. Die bekanntesten unter diesen sind wohl:
Mögliche Aspekte
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