Das Drumherum

Zunftblatt Rezension: Malmsturm – Die Welt

Mit freundlicher Erlaubniss des Zunftblatt können wir die Rezension unseres Weltenbuches hier für Euch bereitstellen. Nichtdestotrotz sei Euch angeraten das Zunftblatt durch einen Kauf zu unterstützen. Das sagen wir nicht nur weil das Weltenbuch so verdammt gut weggekommen ist sondern weil das Zunftblatt generelle inen wirklich guten Job macht und die Rollenspielszene mit Spielmaterial und Berichten bereicht.

We are Riders on the Storm
Our time is coming soon to bring what you deserve
when the sea turns blood-red stones start to burn
When the stars are falling down, we are on the storm
– Die Apokalyptischen Reiter, „Riders on the Storm“
Malmsturm – Die Welt
Uhrwerk Verlag
530 Seiten
49, 95 Euro
Vor gut einem halben Jahr sorgten Dominik Dießlin und sein Team mit „Malmsturm – Die Regeln“ für Wirbel in der Rollenspielszene. Das kompakte Grundregelwerk stellte nämlich nicht nur die allererste deutsche Bearbeitung der in den USA populären FATE-Regeln dar, sondern bestach auch durch sein großartiges Layout und seine Zugänglichkeit. Allein eine ausführliche Settingbeschreibung fehlte, war das Buch doch als generisches Regelwerk zum Bespielen beliebiger Fantasysettings angelegt. Mit „Malmsturm – Die Welt“ legt der Uhrwerk Verlag jetzt aber auch eine eigene Spielwelt nach. Seine Zugehörigkeit zur vorangegangenen Publikation kann der Band nicht leugnen: Dunkelgrauer Einband, weißer Titelschriftzug, eleganter Goldschnitt der Seiten – ein echter „Malmsturm“. Allerdings ist der Wälzer mehr als doppelt so dick.
Und nicht eine Seite ist verschwendet. Das Setting von „Malmsturm“ stammt aus der Feder von Werner H. Hartmann und steht in bester Tradition des Sword-and-Sorcery-Genres und des Heavy Metal: Die Welt ist riesig und brutal, die Gestalten, die ihre Geschicke lenken, oft überlebensgroß oder schlichtweg infernalisch. In den Städten herrschen von ängstlicher Verschrobenheit bis zu offener Dekadenz alle Tugenden und Untugenden großer Epen vor. Götter und Dämonen wandeln auf Erden und die Natur ist selten des Menschen Freund. Erhalten wird die Stabilität dieser urtümlichen Welt von den Sphragiliten, mystischen Siegeln in einem weltumspannenden Netzwerk, die an Ausmaß und Gestalt von einem runenverzierten Kieselstein bis zu einem ganzen Landstrich oder reichen können. Wo diese Siegel durch Zauberei sich verändern oder gar brechen, wandelt sich das Weltgefüge mit ihnen. Im Extremfall kann dies zu den titelgebenden Malmstürme führen, magischen Entladungen enormen Ausmaßes, die ganze Kontinente vom Angesicht der Erde tilgen können. Zudem kommt auch Sagen und Geschichten eine Art magisches Eigenleben zu und so manche Schauergeschichte wurde auf der Welt von „Malmsturm“ erst zur Wahrheit, nachdem sie erzählt wurde.
Obwohl „Malmsturm – Die Welt“ über 500 Seiten stark ist, wird das Setting als solches jedoch eher mit dem groben Pinsel gemalt. Von den zahlreichen Ländern und Kontinenten der Malmsturm-Welt beschreibt der Band zunächst drei in höherer Ausführlichkeit in eigenen Kapiteln. Der schneebedeckte, nördliche Polarkontinent nimmt die größte Fläche der Welt von „Malmsturm“ ein und erinnert stark an die Mythologien Skandinaviens oder der arktischen Völker. In der Region der Waismarck herrscht dementgegen ein dunkles Mittelalter mit korrupter Kirche, streitenden Kleinstaaten und dunklen, unpassierbaren Wäldern vor. Den dritten beschriebenen Schauplatz bildet schließlich das Imperium, ein Königreich in selbstauferlegter Isolation, das seinen Zenit schon lange überschritten hat – dekadenter Magieradel, der sich mit dämonischen Dienern und Magietechnologie umgibt, und Katakombenstädte voller mutierter Aussätziger sind hier die kleinesten Übel. Für alle dieser drei Hauptregionen werden Archetypen und Kulturen vorgestellt, woran sich ein Überblick über wichtige Städte, Landmarken, Sagen und Legenden, Materialien und Magietraditionen sowie eine Zeitleiste der Geschichte der Region anschließt. Der Band endet mit einem Kurzüberblick über die übrigen Regionen der Welt und einem Bestiarium. Insgesamt ist der Band sehr gelungen und unterhaltsam zu lesen, wobei erneut die exzellenten Illustrationen von Björn Lensig den Eindruck der archaischen Malmsturm-Welt gekonnt unterstreichen. Besonders gefallen haben mir aber die immer wieder zwischendurch eingestreuten Textkästen, die Gerüchte, Sprichwörter oder Teile aus Schriftstücken des Settings enthalten. In ihnen verdichten sich die Hintergrunddetails zu spielbereiten Plothooks, sie durch die absichtlich gelassenen Leerstellen in der Settingbeschreibung ebenfalls für andere Sword-and-Sorcery-Universen gut nutzbar sind. Auch wer eine spannende Kampagnenwelt mit Power Metal-Thematik sucht, aber mit dem FATE-System nicht warm werden will, kann mit „Malmsturm – Die Welt“ nicht viel verkehrt machen: Der harte Regelteil des Buches beschränkt sich auf das Bestiarium, sodass man sich nicht mühsam die Settinginformationen aus dem Regeltext zusammensuchen muss, wenn man die Spielwelt zusammen mit einem anderen Regelsystem nutzen mag.
Auch „Malmsturm – Die Welt“ hat jedoch ein paar Macken. So ist die Übersichtskarte über die Welt zwar schön anzusehen, aber auch ein bisschen unübersichtlich, da die Schrift nicht immer gut zu lesen ist – etwas, was unglücklicherweise auch für die Wertesets des Dämonenkaisers im Bestiarium gilt. Auch eine politische Karte, die Lebensräume der einzelnen Kulturen und Fraktionen anzeigt vermisse ich schmerzlich, wie auch ein Glossar, das die doch sehr zahlreichen Eigenbezeichnungen und Fremdworte, die in der Settingbeschreibung verteilt sind, nochmal in knapp erklärt. Zumindest ein Index wäre bei einem so umfangreichen Buch wirklich notwendig gewesen, um schnell etwas nachzuschlagen. Da hilft auch ein Inhaltsverzeichnis vor jedem Kapitel nicht weiter. Und obwohl ich die Offenheit und die vielen weißen Flecke in der Weltbeschreibung schätze, gerät das Kapitel „Geheimnisse und Wahrheiten“ selbst mir zu vage: Hier hätte ich mir eher Vorschläge für mögliche Erklärungen der Gegebenheiten der „Malmsturm“-Welt gewünscht, als nur weitere, bruchstückhafte Textzitate aus Schriftstücken vorgesetzt zu bekommen.
Letztlich sind das aber nur Kleinigkeiten, die den Gesamteindruck kaum trüben können. Ein originär deutsches Produkt von derart hoher Qualität außerhalb des Mainstream-Giganten „Das schwarze Auge“ ist mir schon lange nicht untergekommen. So kann mein Fazit, um erneut die Heavy Metal-Wurzeln des Spiels zu bemühen, also nur lauten: „Malmsturm“ rockt gewaltig!
Jiba@ Zunftblatt

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