Die Fragmente

Malmsturm – Die Fragmente: Mumengrym – die torkanische Sonnenwendfeier.

Am Tag der Wintersonnenwende begehen die Torkaner in ihren Dörfern und Städten ein besonderes Fest, das sie „Mumengrym“ nennen. Seit jeher gilt die dunkelste Nacht des Jahres als besonders unheilig und dem Bösen geweiht. Zur Wintersonnenwende, so glauben die Torkaner, steht es allen bösen Geistern, Dämonen und Kobolden frei, straflos auf Erden zu wandeln um Schrecken und Unheil zu verbreiten. Wenn die Sonne an diesem Tage hinter den Hügeln im Westen untergeht, dann, so sagt es der Volksmund, erheben sich Knumenzwerge, Wolfsauger, Zirbendruhnen, Schniepelfresser und all die anderen Schauergestalten der torkanischen Sagenwelt aus ihren dunklen Löchern im tiefen Wald. Nun wären aber die Torkaner nicht die Torkaner, wenn sie sich das bieten ließen! Mit wütender Entschlossenheit machen sie sich jedes Jahr wieder daran, all das Böse der finsteren Winternacht auszutreiben.

Man verschließt sein Haus fest und versieht es von Außen mit den mächtigsten Talismanen und Schutzzeichen, die der torkanische Volksglaube kennt. Danach begibt man sich mit der ganzen Familie zur Kirche. Die meisten Dörfler werden dort die ganze Nacht verbringen. Eingeleitet wird Nacht der Wintersonnenwende von der Mumengrym-Messe, in der der Laektor der Bevölkerung tröstende Worte zukommen lässt und den Kreaturen der Nacht Flüche, Verwünschungen und Bannsprüche entgegenschleudert. Danach begibt sich die Gemeinde nach draußen, um den Zug der Mumenmänner zu verabschieden und zu segnen. Diese sollen den Geistern zeigen, dass die Torkaner nicht nur ängstlich in der Kirche hocken, sondern dass sie ausrücken, um Gegenwehr zu leisten. Freilich gehören nur die stärksten und mutigsten Männer des Dorfes zu den Mumenmännern. Mit Fackeln, Dreschflegeln, Rechen und einem speziellen eisernen Besen, dem sogenannten „Grymreiser“ werden die Teilnehmer der Prozession bewaffnet. Gekleidet sind sie in furchteinflößende Fellkostüme, zu denen auch riesige hölzerne Masken gehören. Diese „Mumen“ sind das Kernstück der Kostümierung. Sie stellen grausige Fratzen dar, die angeblich so scheußlich aussehen, dass selbst die bösesten Geister bei ihrem Anblick die Flucht ergreifen. Traditionell wird die Prozession der Mumenmänner vom Ritter des Dorfes angeführt. Dieser trägt allerdings keine Maske, sondern sein vollständiges Kriegszeug. Sobald die Segensrituale vor der Kirche abgeschlossen sind, beginnen die Mumenmänner mit dem grimmen Austreiben des Bösen. Singend, lärmend und brüllend durchwandern sie die ganze Nacht das Dorf und die nähere Umgebung. Da vom vielen Brüllen die Kehle trocken wird und die Sonnwendnacht kalt ist, machen natürlich etliche Flaschen Brandwein die Runde. Ähnliches passiert in der Kirche, wo der Rest der Gemeinde bis Sonnenaufgang fromme Choräle schmettert und sich mit süßem Gebäck bei Kräften hält.

Da die Sonnenwendnacht die Nacht der bösen Geister ist, sollte zu dieser Zeit außer den Mumenmännern am Besten niemand unterwegs sein. Manchmal geschieht es dennoch, dass eine Prozession von Mumenmännern auf einsame Wanderer trifft. Die Mumenmänner sind angehalten, alle frommen Wanderer unter ihren Schutz zu stellen. Da man aber niemals sicher sein kann, ob ein Wanderer nicht vielleicht ein böser Geist sein könnte, stellen die Mumenmänner Personen, die sie treffen, bestimmte Aufgaben, die nur ein wahrer Gläubiger lösen kann. Manchmal ist dies das Aufsagen eines Gebets, manchmal das Leeren einer gesegneten Branntweinflasche auf Ex. Oft verprügeln Mumenmänner Passanten aber auch prophylaktisch mit dem Grymreiser. Wenn sie am nächsten Tag noch im Schnee liegen, waren sie wohl Menschen – wenn nicht dann waren sie Geister. In bestimmten Dörfern ist es auch Brauch, zur Nacht des Mumengrym Zugereiste und Ausländer zu verprügeln, da diese ein Einfallstor für das Böse sein können.

In den großen Städten läuft Mumengrym ein wenig anders ab – hier nimmt das Fest eher den Charakter eines bunten Kostümfestes an. Man glaubt, dass es die bösen Geister ganz besonders ärgert, wenn man demonstrativ guter Dinge ist. Zwar gibt es in den Städten auch Mumenmänner, aber diese werden bei ihren Umzügen von allerlei Schaulustigen bejubelt. Schließlich werden die Stadtmauern zur Sonnenwendnacht mit heiligen Bannern verziert und von den Türmen blasen die Hörner der Stadtwache Kirchenlieder. Da ist man innerhalb der Stadt wohl sicher vor den bösen Geistern.

Obgleich viele Nicht-Torkaner annehmen, dass Mumengrym-Fest sei heidnischen Ursprungs, handelt es sich doch um eine rein trisantische Tradition, die man bei Ghorgarden und Goranern als Fest der Sieben Schutzheiligen kennt. Auch hier werden zur Nacht der Wintersonnenwende Schutzmessen gelesen, aber die Tradition des Maskenumzugs gibt es nicht. Während die Ghorgarden die Idee hinter dem torkanischen Fest verstehen und respektieren, gilt Mumengrym den Goranern als Inbegriff des bäuerlichen Aberglaubens und reine Albernheit. Es kursieren auch zahlreiche goranische Witze über Mumenmänner – wie zum Beispiel die Geschichte von den zwei Mumenmänner-Prozessionen die sich nachts im Wald begegneten einander zusammenschlugen, weil jeder den anderen für einen bösen Geist hielt.

Zu leicht könnte man dem Glauben verfallen, Mumengrym sei nichts als ein folkloristisches Spektakel abergläubischer Hinterwäldler. Je weiter man sich von den großen Städten weg bewegt, desto mehr wird man jedoch merken, dass hinter Mumengrym weit mehr steckt. Von manchen Prozessionen sind Männer nicht zurückgekommen. In den letzten Jahren hört man immer mehr Geschichten darüber, dass Gruppen von Mumenmännern in der Sonnenwendnacht wirklich auf schauderhafte Dinge gestoßen sind. Dinge, die es zu bekämpfen galt und die nur mit der gesegneten Macht eines Grymreisers zurück zu treiben waren. In einigen Dörfern ist es auch vorgekommen, dass Mumenmänner wochenlang traumatisiert waren, von dem was sie in der Nacht des Mumengrym gesehen hatten. Freilich sprechen sie nie offen darüber, was ihnen auf der Prozession begegnet ist. Das verbietet einem Mumenmann die Tradition. Einige Mumenmänner weigern sich nach ihrer ersten Prozession, je wieder eine Mume zu tragen. Andere jedoch sind im nächsten Jahr umso besessener, mit Maske und Grymreiser das Böse auszutreiben – wissen sie doch, dass Mumengrym das einzige ist, was die Schrecken der Finsternis von ihren Dörfern fernzuhalten vermag!

 

Aspekte:

  • Mume & Grymreiser – Mein Fluch, mein Segen!
  • Mumengrym – ein Aberglaube?!
  • Geisterkraft in Winternacht

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